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völlig besiegt und gesprengt. Napoleon war raschen Schrittes «Ulf
Berlin losgedrungen und hielt schon am 27. Oktober seinen Einzug
-in die trauernde Hauptstadt. In unerhörter Weise ergaben sich die
Festungen, und nur wenige Befehlshaber derselben hielten sich so
tapfer und standhaft, wie Courbier in Graudenz. Als die
Franzosen diesem Kommandanten sagen ließen: „es gebe ja keinen
König von Preußen mehr!" antwortete er: „Nun, so bin ich König
von Graudenz und werde mich zu vertheidigen wissen."
So der Oberst Gneisenau, der, unterstützt von dem Bürger Nettel-
beck, Kolberg rettete. Ebenso rettete der 75jährige Oberst Hermann
die Festung Pi'llau. Als die Franzosen vor derselben erschienen, rief
er die ganze Besatzung zusammen und ließ sie in einen Kreis treten, in
dessen Mitte ein Sarg stand; vor dem Sarge stand der Oberst selbst.
„Kameraden," sprach er, „lebendig übergebe ich die Festung
nicht/ Hier ist mein Sarg; wer mich überlebt, der lege mich
hinein. Wer ein braver Soldat ist, der schwöre: Preußen
oder Tod!" Alle schwuren — und die Festung konnte von den Fran-
zosen nicht genommen werden. —
Die Trümmer des preußischen Heeres vereinigten sich hinter der
Oder mit einem russischen Hülfsheere, und zwei Tage hinter einander,
am 7. und 8. Februar 1807, wurde die mörderische Schlacht bei Eilau
geschlagen, in welcher die Preußen ihren alten Waffenruhm wieder
bewährten. Aber am 14. Juni erfolgte die unglückliche, entscheidende
Schlacht Lei Friedland, in welcher Napoleon einen vollkommenen
Sieg über die verbündeten Heere der Russen und Preußen erfocht.
Friedrich Wilhelm sah sich zum Frieden genöthigt. Als Napoleon in
Tilsit mit dem Könige von Preußen zusammenkam, um Frieden zu
schließen, war auch die Königin Louise dabei. „Wie konnten Sie es
nur wagen, mit mir Krieg anzufangen?" ftagte der hochmüthige Sieger.
Da richtete sich die preußische Königin hoch auf. „Dem Ruhme
Friedrichs des Großen war es erlaubt, uns über unsere
Kräfte zu täuschen, wenn wir uns getäuscht haben!" ant-
wortete die Königin mit Würde — und der trotzige Sieger verstummte.—
Am 9. Juli wurde der Friede zu Tilsit geschloffen. Preußen
verlor nach diesem Friedensschluß fast die Hälfte seines Gebietes — alle
Länder westlich von der Elbe mit 5 Millionen Einwohnern. Aus
preußischen, braunschweigischen, hannöverischen und hessischen
Ländern bildete Napoleon ein neues Königreich, Westphalen,
mit der Hauptstadt Kassel, und setzte darüber seinen Bruder Hieronymus
als König. So stand jetzt ein kleines Frankreich im Herzen von
Deutschland! — Als aber Napoleon gegen Ende des Jahres 1812
aus Rußland durch Feuer, Kälte, Hunger und russische Waffen ge-
schlagen war*), da ging durch alle Herzen die fteudige Ueberzeugung,
daß jetzt die Stunde der Befreiung für das Vaterland gekommen sei.
Am 3. Februar 1813 erließ Friedrich Wilhelm von Breslau aus
*} 6. Seite 458 Nr. 28.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Courbier Gneisenau Hermann Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Friedrichs Friedrichs Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm_von_Breslau Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Graudenz Bürger_Nettel- Kolberg Fran- Friedland Tilsit Kassel Frankreich Deutschland
willige auszurüsten, oder die Kleidungsstücke, Betten und Verbandzeug
hergaben, oder Charpie zupften, um Kranke.und Verwundete zu pflegen?;
Eine fchlesifche Jungfrau schnitt sich, weil sie nichts Anderes zu geben
hatte, ihr schönes Haar ab und gab den Erlös hin zur Ausrüstung der
Freiwilligen. Männer und Frauen wetteiferten mit einander in dem
edlen Bestreben, dem Aufrufe des verehrten Landesvaters zu entsprechen,
und Preußen ist den übrigen Deutschen damals ein würdiger Ver-
treter und das erste Beispiel der Freiheit und Ehre geworden.
Die Begeisterung, welche Preußen bewegte, zündete aber auch in dem
übrigen Deutschland. Von den fernsten Grenzen des Südens bis
zum Norden und Westen, wo nur immer deutsche Zungen redeten
und deutsches Blut in den Adern rollte, da wiederholte sich
derselbe Sinn, dasselbe Streben bei Jung und Alt, in jedem Stande
und in jedem Geschlechte. Ein neuer Völkersrühling war angebrochen
im deutschen Lande. Edle Sänger, wie Theodor Körner, Max
Schenkendorf, Friedrich Rückert, Moritz Arndt und viele andere
erhoben ihre Stimmen, und ihre Lieder klangen in tausendfachem Chor
wieder im Heere und im Volke.
„Das Volk steht auf, der Sturm bricht los.
Wer legt noch die Hände feig in den Schooß!" —
so erklang Körner's mahnende Stimme, und Arndt sang sein berühmtes
Lied: „Was ist des Deutschen Vaterland?" —
Vollkommen haben es die Deutschen damals bewiesen, daß Ehre
und Freiheit, König und Vaterland chnen heilige und theure Güter
sind — und daß sie für diese Güter Siege zu erkämpfen wissen, wie
sie uns die Geschichte erzählt von den Tagen bei Großbeeren
(2?. August 1813), an der Katzbach (26. August), bei Dennewitz
(6. September) und bei Leipzig (16., 18. und 19. Oktober). —
40. Blücher und die Schlucht mr der Katzbach.
(26. August 1813.)
Am 2. Mai fand in der Nähe von Lützen die erste Schlacht in
den Befreiungskriegen statt. Napoleon hatte vermessen gedroht, der
preußische Name sollte gänzlich ausgelöscht werden aus der Reihe der
Völker. Gott aber wollte es anders. Gleich bei Lützen oder Groß-
Görschen kämpften die jungen preußischen Krieger mit einer Kühnheit
und Todesverachtung gegen die französische Übermacht, daß Napoleon
nur mit Mühe das Schlachtfeld behauptete. In größter Ruhe und
Ordnung zogen sich die Verbündeten an die Elbe zurück. Damit
aber Niemand dies als eine Flucht deuten sollte, redete Blücher am
Tage nach der Schlacht seine Truppen also an: „Guten Morgen,
Kinder! Diesmal hat es gut gegangen! Die Franzosen sind gewahr
geworden, mit wem sie es zu thun haben. Der König läßt sich bei
euch bedanken. Aber das Pulver ist alle! Drum gehen wir bis hinter
die Elbe zurück. Da werden unsere Kameraden kommen. Die bringen
uns Pulver und Blei. Dann sollen die Franzosen die schwere Noth
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Extrahierte Personennamen: Theodor_Körner Max
Schenkendorf Max Friedrich_Rückert Friedrich Moritz_Arndt Arndt August August August Napoleon Napoleon
Soldaten „Marschall Vorwärts" genannt; der König aber gab chm
den Ehrentitel: „Fürst von Wahl statt".
41. Der Trompeter an der Katzbach.
Von Wunden ganz bedecket,
Der Trompeter sterbend ruht,
An der Katzbach hingestrecket,
Der Brust entquillt das Blut.
Brennt auch die Todeswunde,
Doch sterben kann er nicht,
Bis neue Siegeskunde
Zu seinen Ohren bricht.
Und wie er schmerzlich ringet
In Todesängsten bang,
Zu ihm heruberdring et
Ein wohlbekannter Klang.
Das hebt ihn von der Erde,
Er streckt sich starr und wild.
Dort sitzt er aus dem Pferde
Als wie ein steinern Bild.
Und die Trompete schmettert —
Fest hält sie seine Hand —
Und wie ein Donner wettert
Victoria in's Land.
Victoria — so klang es,
Victoria — überall,
Victoria — so klang es
Hervor mit krästgem Schall —
Doch als es ausgeklungen,
Setzt die Trompet' er ab,
Das Herz ist ihm zersprungen,
Vom Roß stürzt er herab.
Um ihn herum im Kreise
Hielt's ganze Regiment.
Der Feldmarschall sprach leise:
Das heißt ein selig End'i
(I. Mosen.)
42. Die Völkerschlacht bei Leipzig.
(16.-18. Oktober.)
In der Mitte Oktobers zogen sich die gewaltigen Heere in der
Gegend von Leipzig zur großen Entscheidung zusammen; die Öster-
reicher unter Schwarzenberg, die Preußen unter Blücher, die
Russen unter Wittgenstein, die Schweden unter ihrem Kronprinzen,
zusammen an 300,000 Mann, die Franzosen über 200,000 Mann,
aber unter der einzigen Führung ihres ruhmreichen Kaisers. Auf beiden
Seiten ahnte man, daß hier über Europa's Geschick die blutigen Würfel
fallen sollten. Fürst Schwarzenberg rief es dem verbündeten Heere
mit ernsten Worten ins Gedächtniß. Am 16. Oktober begann die große
Völkerschlacht bei Leipzig. So schrecklich war der Kanonendonner,
daß die Erde im weiten Umkreise erbebte: auf drei Seiten zugleich ent-
brannte der furchtbare Kampf, im Südosten der Stadt bei Wachau,
im Westen bei Lindenau und im Norden bei Möckern, wo Blücher
mit seinen braven Preußen eine besondere Schlacht schlug. Mit uner-
hörter Anstrengung und rühmlichem Heldenmuth wurde auf beiden Seiten
der Kampf geführt; am Nachmittage des 16. schien es, als sollten die
Franzosen siegen, aber zu zeitig triumphirte Napoleon, denn bis zum
Abend errang Blücher bei Möckern die größten Vortheile. Dort hatten
die Preußen den blutigsten Kamps des ganzen Krieges zu bestehen:
dreimal mußten sie das Dorf in Sturm nehmen, und dreimal wurde
es ihnen wieder entrissen, aber zuletzt behielten sie dennoch den Sieg.
Brennende Dörfer beleuchteten das blutige Schlachtfeld, als die
Nacht heraufgezogen war; wie Leichenkerzen flackerten die Nachtfeuer
in der weiten Todtenstille, die nur von dem Winseln der Sterbenden
Haesters' Yesehuk für Okerkk. Simnuan^Ansq. 16
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Extrahierte Personennamen: Victoria Victoria_— Victoria_— Schwarzenberg Wittgenstein Schwarzenberg Napoleon
244
Am Wasser der Katzbach er's auch hat bewährt,.
Da hat er die Franzosen das Schwimmen gelehrt:
Fahrt wohl, ihr Franzosen, zur Ostsee Hinabi
Und nehmt, Ohnehosen, den Wallftsch zum Grab!
Bei Wartburg an der Elbe, wie fuhr er hindurch
Da schirmte die Franzosen nicht Schanze, noch Burg;
Sie mußten wieder springen, wie Hasen über's Feld,
Und hell ließ erklingen sein Hussah der Held.
Bei Leipzig auf dem Plane, o herrliche Schlachti
Da brach er den Franzosen das Glück und die Macht;
Da lagen sie so sicher nach blutigem Fall,
Da ward der Herr Blücher ein Feldmarschall!
Drum blaset, ihr Trompeten! Husaren heraus!
Du reite, Herr Feldmarschall, wie Winde un Saus!
Dem Siege entgegen zmn Rhein, über'n Rhein,
Du tapferer Degen, in Frankreich hinein! (Arndt.)
In der Neujahrsnacht von 1813 ans 1814, mit dem Schlage 12 Uhr, zog
Fächers Heer bei Mannheim und er selbst hei Caub über den Rhein,
während der rechte Flügel des grossen Heeres der Verbündeten durch
Holland, der linke durch die Schweiz in Frankreich eindrang. Nach
manchen Kämpfen hielten die Verbündeten am 31. März siegreich ihren
Einzug in die stolze Hauptstadt Paris. Napoleon wurde abgesetzt und auf
die Insel Elba verwiesen. Am 30. Mai 1814 wurde der erste pariser
Friede geschlossen. Aber es dauerte kaum ein Jahr, da verliess Napoleon
Elba, kam wieder nach Frankreich und der Krieg begann von Neuem. Bei
Waterloo oder Belle-Alliance kam es am 18. Juni 1815 zur entscheiden-
den Schlacht. Die französische Armee wurde vernichtet, und die Verbündeten
hielten am 7. Juli ihren zweiten Einzug in Paris. Napoleon wurde auf
die Insel St. Helena verwiesen, wo er am 5. Mai 1821 gestorben ist. Am
20. Mai 1815 wurde der zweite pariser Friede geschlossen.
Schon nach dem ersten pariser Frieden hatten alle an dem Kriege gegen
Napoleon betheiligt gewesene Fürsten Abgesandte nach Wien geschickt, um
die Angelegenheiten der deutschen Staaten zu ordnen. Diese Versammlung,
der „Wiener Congress“ genannt, dauerte vom 20. September 1814 bis zum
9. Juli 1815. Durch diesen Congress wurde das deutsche Reich — wie es bis
1806 bestanden hatte — nicht wieder hergestellt, sondern Deutschland in
einen Staatenbund verwandelt, unter dem Namen „der deutsche Bund“, der
bis 1866 bestanden hat. Bei seiner Gründung zählte er 39, bei seiner Auf-
lösung noch 33 Staaten. Die Bundesversammlung (der Bundestag)
bestand aus den Gesandten aller deutschen Staaten und hatte ihren Sitz zu
Frankfurt am Main. Der Zweck des Bundes war die Erhaltung der
innern und äussern Sicherheit Deutschlands. Das Bundesheer
betrug im Falle eines Krieges etwa 600,000 Mann.
Preussen erhielt nach dem Wiener Congress nicht bloss seine frühern,
von Napoleon ihm genommenen Landestheile zurück, sondern ausserdem noch:
das Grossherzogthum Posen, schwedisch Pommern mit Rügen, die Hälfte
des Königreichs Sachsen, Westphalen und die Rheinprovinz.
44. Die Krieges - Denkmünze.
Traulich geht der Knab' an Vaters Seite;
Regen Sinnes und voll Wisscnslust,
Fragt er forschend, was der Schmuck bedeute,
Links, am bunten Band auf Vater's Brust. —
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Extrahierte Personennamen: Arndt Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee_Hinabi Rhein Rhein Frankreich Mannheim Rhein Holland Frankreich Paris Elba Elba Frankreich Paris Wien Deutschland Frankfurt_am_Main Deutschlands Posen Sachsen Rheinprovinz
257 —
Nach, der Schlacht hei Königgrätz verfolgten die Sieger die fliehende,
fast aufgelöste Armee, ohne ernsten Widerstand zu finden, in der Richtung
gegen Wien. Als der König sein Hauptquartier bereits nach Nikolsburg
(12 Meilen von Wien) verlegt hatte, hat Österreich um Frieden. Am 23. August
■wurde zuprag der Friedensvertrag unterzeichnet, in welchem der Kaiser
von Österreich die Auflösung des deutschen Bundes anerkannte
und seine Zustimmung gab zu einer neuen Gestaltung Deutsch-
lands ohne Betheiligung des österreichischen Kaiserstaates.
Der Kaiser von Österreich übertrug ferner auf den König von Preussen
alle seine Rechte auf die Herzogtümer Schleswig-Holstein und ver-
pflichtete sich, an den König von Preussen 40 Millionen Thaler Kriegskosten
zu bezahlen.
Dagegen erklärte der König von Preussen sich bereit, das Königreich
Sachsen in seinem bisherigen Länderbesitz bestehen zulassen, unter dem
Vorbehalt, dass der Beitrag Sachsens zu den Kriegskosten und die Stellung
desselben zum norddeutschenbunde durch einen besonderen Friedens-
vertrag geordnet werde. Dieser Vertrag wurde am 21. Oktober abgeschlossen.
Nach demselben verpflichtete sich Sachsen, an Preussen 10 Millionen Thaler
Kriegskosten zu zahlen, dem norddeutschen Bunde beizutreten und den Ober-
befehl über die sächsischen Truppen dem Könige von Preussen
zu übertragen.
S2. Der Feldzug gegen die Bundesarmee.
(Vom 1. bis 27. Juli 1868.)
Während diese Erfolge auf dem östlichen Kriegsschauplätze erkämpft
wurden, war dem General Vogel von Falckenstein der Kampf
gegen die bayerische Armee und das 8. Bundes-Corps am Main
übertragen und ihm dazu eine Armee von nur 53,000 Mann mit
96 Geschützen überwiesen. Dieselbe erhielt von jetzt an den Namen
„Main-Armee" und bestand aus drei Divisionen*) unter den
Generalen von Goeben, von Beyer und von Manteuffel. Die
bayerische Armee zählte 60,000 Mann mit 136 Geschützen und
stand unter dem Kommando des Prinzen Karl von Bayern; das
8. Bundes-Corps bestand aus 14,000 Würtembergern, 12,000
Badensern, 19,000 Hessen, 5000 Nassauern und 12,000 Öster-
reichern, im Ganzen aus 62,000 Mann mit 139 Geschützen unter
dem Oberbefehl des Prinzen Alexander von Hessen. Der Main-
Armee stand links die bayerische, rechts die Bundes-Armee
gegenüber. Am 1. Juli hatte sich die Main-Armee bei Eisenach
vereinigt. Unter fortwährend kleinen Gefechten ging sie von hier
südwestlich auf Fulda zu nach dem Main, warf die bayerische
Cavallerie bei Hünfeld zurück und drängte das bayerische Haupt-
corps am 4. Juli Lei Dermbach (zwischen Eisenach und Fulda)
zur Seite, zog dann zwischen den beiden feindlichen Armeen nach
Fulda und wandte sich am 9. Juli nach Unterfranken in Bayern.
Am 10. formte**) die Division Goeben bei Kissingen und die
Division Beyer bei Hammelburg die Übergänge über die fränkische
*) Division = Abtheilung eines Kriegsheerez.
**) formen = erzwingen.
Haesters' Lesebuch für Oberkl. Simultan-Ausz.
17
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Extrahierte Personennamen: Manteuffel Manteuffel August
240
kriegen! Wer jetzt sagt, wir retiriren, ist ein Hundsfott! Guten Morgen,
Kinder!" Nach der Schlacht bei Bauzen am 21. Mai trat nun ein
zweimonatlicher Waffenstillstand ein, nach dessen Ablauf auch Öster-
reich und Schweden dem Bündnisse Preußens und Rußlands
gegen Frankreich Leitraten. Das Gesammtheer der Verbündeten bildete
jetzt drei Abtheilungen: die Nordarmee, unter dem Kronprinzen von
Schweden und den preußischen Generalen Bülow und Tauentzien;
die schlesische Armee, unter Vater Blücher, Jork und Gneisenau;
die Süd- oder Hauptarmee in Böhmen, unter dem österreichischen
Fürsten Schwarzenberg. Glorreiche Siege erfocht die preußische
Landwehr am 23. August bei Großbeeren und am 6. September bei
Dennewitz. Da wurden die Franzosen, die nach Berlin wollten, mit
blutigen Köpfen nach Hause geschickt. Die brave Landwehr schlug Alles
mit den Kolben zusammen, sie meinte: „Dat fluscht so bäter!" Die
Hauptarmee bestürmte zwar am 26. und 27. August Dresden ver-
geblich und hätte eine große Niederlage erlitten, wenn nicht ein Häuflein
Russen, angefeuert von Friedrich Wilhelm Iii., heldenmüthig bei
Kulm ausgehalten, und durch die unter Kleist herbei eilenden Preußen die
Franzosen am 30. August bei Nollendorf gänzlich geschlagen worden
wären. Aber die schönsten Lorbeeren errang die schlesische Armee am
26. August an der Katzbach. Hier besiegte Blücher, der so recht
eigentlich der'held der deutschen Freiheitskriege geworden ist, den fran-
zösischen Marschall Macdonald. Das war eine Schlacht! Blücher
wollte eben über die Katzbach, um den Feind jenseits des Flusses anzu-
greifen, als er plötzlich diesseits in den Ebenen von Wahlstatt die
Franzosen im vollen Anmarsche fand. Schnell trifft er seine Maß-
regeln, und als Alles bereit ist, ruft er: „Nun, Kinder, hab'ich genug
Franzosen herüber, nun vorwärts!" Mit dem Rufe: „Es lebe der
König!" setzt sich Alles in Bewegung. Der Regen strömt herab und
hindert das Gewehrfeuer. Es kommt zum Handgemenge, und die
Preußen — die schlesische Landwehr halb barffrß, denn die Schuhe
blieben im Koth stecken, in durch die Nässe zusammengeschrumpften
Uniformen — gewinnen mit Bajonett und Kolben schnell die Oberhand.
„Hör', Vater Blücher, heut' geht's gut!" rufen sie freudig dem Feld-
herrn zu, der immer voran ist und mit der Reiterei dem Feinde den
Garaus macht. Vom herabströmenden Regen schwellen die Flüsse im
Rücken der Franzosen, und in der tiefen Dunkelheit finden Tausende
von ihnen in der wüthenden Neisse und in der Katzbach den Tod. Blücher
verfolgte den zersprengten Feind bis an den Bober und Queiß. Dort
ließ er am 1. September einen feierlichen Gottesdienst halten,
Viktoria schießen und ein „Te Deum“ singen. Hierzu hatte er seine
Armee aufgefordert in einem Tagesbefehl, der also schloß: „Laßt uns
dem Herrn der Heerschaaren, durch deffen Hülfe ihr den Feind nieder-
geworfen, einen Lobgesang singen und im öffentlichen Gottesdienste ihm
danken. Dann sucht euern Feind aufs Neue auf!" Die Franzosen
hatten 30,000 Mann verloren. Blücher wurde von nun an von seine«
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Extrahierte Ortsnamen: Schweden Dennewitz Berlin Dresden Kulm Katzbach Neisse Viktoria
462
flammende Beweis der aufopferndsten Vaterlandsliebe des Befehlshabers
der Stadt, Rostopfchin, — in Feuer auf. Nur mit Mühe entging
Napoleon aus dem Kaiserpalast, Kreml, dem Feuertod; unter unsäg-
lichen Schwierigkeiten suchten die Soldaten den Rückweg, welchen einige,
denen die geraubten Schatze nichts halfen, fanden. In diesen Flammen
Moskaus, welches in 6 Tagen in Asche zusammengesunken war, wurden
zugleich die hochfliegenden Pläne Napoleons vernichtet. Alle seine
Friedensanträge wurden verworfen; Kaiser Alexander wollte nicht mit
einem Feinde unterhandeln im eigenen Reiche. An Winterquartier für
das zahlreiche Heer war in dem entblößten Lande nicht zu denken.
Von Tag zu Tag aber wuchsen der Russen Schlachtreihen, wahrend
die des französischen Heeres sich immer mehr lichteten. Und Napoleon
mußte sich zum Rückzug entschließen. Ende Oktober 1812 trat er ihn
an; Anfangs November begann der Winter, ein russischer Winter. Was
da das französische Heer erduldet hat, — leidend unter der fürchter-
lichen Kälte, welche um so grimmiger war, je mehr der Hunger an
jedem nagte, umdrängt und umschwärmt von dem auf allen Seiten
verfolgenden Feinde — das läßt sich kaum beschreiben. In eiligster
Flucht rettete sich Napoleon nach Paris, ein neues Heer zu rüsten.
Von der eben noch so glänzenden Armee langten nur wenige Trümmer,
noch dazu fast ohne Waffen, in Deutschland wieder an. Hier aber
begann in den Herzen aller edlen Männer die Flamme herrlichster Be-
geisterung, die so lange unterdrückt worden war, hoch aufzuschlagen.
Vor allen Preußens König, Friedrich Wilhelm Iii. und all sein
Volk, die in schwerer Zeit so viel Schmähliches von Napoleon erduldet
hatten, standen auf wie ein „Mann gegen den nicht zu sättigenden Er-
oberer. Bald traten auch Österreich und Schweden in die Reihen
der Verbündeten, und Feldherrn wie Aork, Scharnhorst, Blücher,
Schwarzenberg und so viele andere edle, tüchtige Männer ließen
Deutschland Heil und Rettung hoffen. Die Hoffnung' ward erfüllt in
der dreitägigen Völkerschlacht bei Leipzig am 16.—19. Okt. 1813*).
Napoleon ward gänzlich besiegt und floh über den Rhein. Aber immer
allgemeiner, immer freudiger ward die Begeisterung. Auch die Eng-
länder unter ihrem Wellington, der in Spanien den blutigen Kampf
gekämpft hatte, rückten heran. Rasch zogen die Verbündeten über den
Rhein gegen Frankreich, kamen Paris immer näher. Noch einmal
ward Napoleon besiegt, und am 31. März 1814 zogen die Verbün-
deten als Sieger in Paris ein. Friede war der Ruf aller^Völker, auch
der Franzosen, welche den vor 20 Jahren verjagten Ludwig Xviii.
und seine Familie, die Bourbonen, auf den Thron zurückriefen.
Und Napoleon, der über keine Heere mehr zu gebieten hatte, mußte
einwilligen in seine Thronentsetzung und ging nach der Insel Elba,
ohnweit Italiens Küste.
Aber die Bourbonen waren durch so vieles Ungemach nicht klüger-
geworden und regierten mit so wenig Weisheit, daß bald der größte
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Extrahierte Ortsnamen: Rostopfchin Rückweg Moskaus Napoleons Paris Deutschland Schweden Schwarzenberg Deutschland Leipzig Rhein Wellington Spanien Rhein Frankreich Paris Elba Italiens
463
Theil der französischen Nation, so begierig nach Neuerungen, Napoleon
wieder herbeisehnte. Nur zu gern kam er wieder, landete am 1. März
1815 mit wenig Mannschaft unvermuthet in Frankreich und kam im
Triumphzug nach Paris, von wo die Bourbonen eiligst geflohen waren.
Aber auch die Verbündeten waren rasch gerüstet. Bei Ligny wurden
sie besiegt; aber bei Waterloo kam es am 18. Juni 1815 zur
entscheidenden Schlacht. Wellington und Blücher erfochten den
glänzendsten Sieg; die französische Armee ward vernichtet. Napoleon
begab sich nach Paris, wohin ihm die Verbündeten zum zweiten Male
nachrückten, und dankte zu Gunsten seines Sohnes ab. Er selbst wollte
sich aus einem englischen Kriegsschiffe nach Amerika begeben. Aber
nicht sein Sohn, sondern die Bourbonen kehrten wieder auf den Thron,
und Napoleon ward weit hinweg in den südatlantischen Ocean auf die
Felseninsel St. Helena verbannt. Da lebte er getrennt von seiner
Familie, umgeben von wenigen Getreuen, seiner Person und seiner
einstigen Größe wenig würdig behandelt. Dort hat er die letzten 6
Jahre seines Lebens sich bemüht, die Größe und Reinheit seiner Ge-
sinnungen und Thaten durch Worte zu beweisen. Ein Magenkrebs
machte seinem Leben am 5. Mai 1821 ein Ende. Aber im Jahr
1840 hat man seine Asche von der fernen Insel im Triumphzuge
nach Frankreich gebracht, in dessen Boden er nun ruht.
2!-. Die nächtliche Heerschau.
Nachts um die zwölfte Stunde
Verlaßt der Tambour sein Grab,
Macht mit der Trommel die Runde,
Geht wirbelnd auf und ab.
Mit seinen entfleischten Armen
Rührt er die Schlägel zugleich,
schlägt manchen guten Wirbel,
Revcil und Zapfenstreich!
Die Trommel klinget seltsain,
Hat gar einen starken Ton; '
Die alten todten Soldaten
Erwachen im Grab davon.
Und die im tiefen Norden
Erstarrt in Schnee und Eis,
Und die im Welsch land liegen,
Wo ihnen die Erde zu heiß;
Und die, die der Nilschlamm decket,
Und der arabische Sand,
Sie steigen aus ihren Gräbern,
Sie nchmen's Gewehr zur Hand!
Und um die zwölfte Stunde
Verläßt der Trompeter sein Grab,
Und schmettert in die Trompete,
Und reitet auf und ab.
Da kommen auf luftigen Pferden
Die todten Reiter herbei,
Die blutigen alten Schwadronen
In Waffen mancherlei.
Es grinsen die weißen Schädel
Wohl unter'm Helm hervor,
Es halten die Knochenhände
Die langen Schwerter empor.
Und um die zwölfte Stunde
Verläßt der Feldherr sein Grab.
Kommt langsam hergeritten,
Umgeben von seinem Stab.
Er trägt ein kleines Hütchen,
Er trägt ein einfach Kleid
Und einen kleinen Degen
Trägt er an seiner Seit!
Der Mond mit gelbem Lichte
Erhellt den weiten Plan,
Der Mann im kleinen Hütchen
Sieht sich die Truppen an.
Die Reihen präsentiren,
Und schultern das Gewehr;
Dann zieht mit klingendem Spiels
Vorüber das ganze Heer;
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Paris Wellington Paris Amerika Frankreich
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§ 32. Friedrich Wilhelm Iii.
7!
zwar tapfer, gerieten aber bald in Verwirrung. Die kriegsgeübten Frau-
zosen errangen den Sieg. Auch das Hohenlohesche Heer ward an dem-
selben Tage bei Jena geschlagen. Die Fliehenden zerstreuten sich bald
nach allen Richtungen, ohne noch einmal standzuhalten. Schon nach 14 Ta-
gen hielt Napoleon seinen Einzug in Berlin. Die preußische Königsfamilie
aber befand sich auf der Flucht nach dem fernen Königsberg. — Noch
schlimmer als die Niederlagen selbst waren deren Folgen. In unwürdigem
Kleinmute übergaben unfähige Befehlshaber die stärksten Festungen, so
Magdeburg, Stettin u. a. Blücher aber schlug sich mit 20000 Mann nach
Lübeck durch und ergab sich erst, als er weder Pulver noch Brot mehr
hatte. Auch an anderen Stellen ward die altpreußische Waffenehre gerettet.
So widerstand Kolberg unter Gneisenau, Schill und dein alten Nettel-
beck der französischen Belagerung. Auch Graudenz blieb dem König er-
halten durch Cour bière (Kurbiähr). Ihn forderten die Franzosen zur Über-
gabe der Festung auf, indem sie sagten: „Es gibt keinen König von Preußen
mehr." Er antwortete ihnen: „Gut, so gibt es doch noch einen König vongrau-
denz!" Die Festungen Pillau, Kosel und Glatz vermochten die Franzosen auch
nicht zu überwinden. — Die Reste der preußischen Armee vereinigten sich hinter
der Weichsel mit einem russischen Heere. Bei Eylau (südlich von Königsberg)
kam es zu einer neuen Schlacht im Februar 1897, die sowohl den Ver-
bündeten als den Franzosen ungeheure Opfer kostete und unentschieden
blieb. Aber im Juni siegte Napoleon in der Schlacht bei Friedland a. d.
Alle nach 19 ständigem Kampfe so entscheidend, daß sich die Preußen bis nach
Tilsit und Memel zurückziehen mußten. Hierher war schon früher die Königin
Luise mit ihren Kindern geflohen. Sorge und Anstrengungen hatten sie
aufs Krankenlager geworfen, und bei heftigem Schneetreiben und großer
Kälte mußte die so schwer Heimgesuchte ihre Reise vollführen. Sie sagte:
„Ich will lieber in Gottes Hand fallen als in die Hände dieser Menschen."
— Der Kaiser Alexander von Rußland schloß nun in Tilsit mit Na-
poleon Frieden, und Friedrich Wilhelm Iii. mußte in harte Bedingungen
willigen. Er verlor fast alle ehemals polnischen Landesteile und alles Land
westwärts der Elbe, mußte 120 Millionen Mark Kriegskosten zahlen, die
Festungen ausliefern, alle Handelsverbindungen mit England abbrechen
(Kontinentalsperre) und durfte nur 42 000 Mann Soldaten halten. Ver-
geblich waren die Bemühungen der Königin Luise, mildere Bedingungen zu
erlangen. Napoleon konnte sich zwar ihrer hoheitvollen Schönheit und Würde
nicht verschließen, doch behandelte er sie bei der Zusammenkunft verletzend
und anmaßend. — Preußen war von seiner Großmachtstellung herabgedrängt.
5. Preußens Wiedergeburt. In dieser Zeit der größten Not zeigte
sich König Friedrich Wilhelm Iii. als ein wahrhaft großer Mann, und
seine edle Gemahlin Luise stand ihm anspornend und ratend zur Seite.
An die Spitze der ganzen Staatsverwaltung ward der Freiherr vom
Stein berufen, ein durch und durch deutscher Mann, ohne alle Menschen-
furcht. Durch ihn ließ der König die größte Sparsamkeit in der Staats-
verwaltung einführen und viele königliche Domänen verkaufen. Der Hof-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Glatz Napoleon Alexander_von_Rußland Alexander Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Napoleon Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Jena Berlin Königsberg Magdeburg Stettin Kolberg Nettel- Pillau Königsberg Friedland Tilsit Gottes Tilsit England